HAFTUNG UND RECHT

Unterhaltung von Gräben

Text: Martin Burkhart, Thomas Hofmann, Susanne Kling, Werner Rehklau | Foto (Header): © Martin Burkhart

Gräben sind zwar künstlich angelegt und sollen vor allem landwirtschaftliche Flächen entwässern, stellen aber gleichzeitig wichtige Lebensräume dar. Damit sie erhalten bleiben und funktionieren, müssen sie regelmäßig unterhalten werden.

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe Februar 2022
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Gräben sind vor allem in ausgeräumten Auen- und Niedermoorlandschaften wichtige Lebensräume für Pflanzen und Tiere und wertvolle Elemente des Biotopverbunds. Es ist daher erforderlich, die Unterhaltung mit den ökologischen Anforderungen in Einklang zu bringen.

Bei den gängigen Arbeiten (Sohlräumung, Sohlkrautung und Böschungsmahd) gibt es Handlungsspielräume für eine naturverträgliche Grabenpflege: Neben dem besten Zeitpunkt zur Durchführung und der Auswahl der eingesetzten Geräte gibt es weitere Möglichkeiten zur Eingriffsminimierung. Zu überlegen ist auch stets, ob die vorgesehenen Unterhaltsmaßnahmen wirklich notwendig sind – weniger ist manchmal mehr! Auch sind zusätzlich flankierende Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensraumfunktion von Gräben möglich.

Auf andere Unterhaltungsarbeiten (z. B. Gehölzpflege, Entfernung von Bibereinbauten) wird nicht eingegangen, da sie von untergeordneter Bedeutung sind.

Eine besondere Rolle spielen Grabensysteme in Moorgebieten: Für den Moor- und Klimaschutz ist unter Berücksichtigung der umliegenden Nutzungsziele eine besonders extensive Unterhaltung bis hin zur Einstellung in Betracht zu ziehen: Die vollständige Auflassung bzw. der Rückbau/Einstau von Gräben ist ein wirksamer Beitrag zur Reduzierung der Freisetzung klimaschädlicher Gase.

 

Sohlräumung

Entwässerungsgräben müssen zu ihrer Erhaltung in bestimmten Zeitabständen von Anlandungen geräumt werden. Ziel ist die Wiederherstellung des ursprünglichen Sohlniveaus und damit die Sicherstellung des Wasserabflusses.

Eine naturverträgliche Sohlräumung ist in der Zeit vom 15. August bis Ende September möglich. Die Vorgaben aus den Landesfischereigesetzen sind zu beachten; für Bayern gilt zum Beispiel Art. 58 Bayerisches Fischereigesetz (BayFiG): „Schlämmen und Beseitigen von Wasserpflanzen“. Bei Gräben, die keine Fische beherbergen, kann die Räumzeit noch bis zum Beginn der Amphibienruhe Ende Oktober ausgedehnt werden.

Die Sohlräumung stellt unter den traditionellen Unterhaltungsmaßnahmen den größten Eingriff in den Lebensraum Graben dar: Die Lebensgemeinschaften im Wasser werden stark beeinträchtigt und die Wiederbesiedlung geräumter Gräben dauert oft viele Jahre. Daher ist hier ganz besondere Vorsicht geboten: Die mit Abstand schonendste Methode ist die Entlandung der Grabensohle von Hand mit Schaufel und Spaten. Da diese Methode zeit- und personalaufwendig ist, kommt sie nur noch sehr selten zur Anwendung und der Einsatz des Grabenlöffels überwiegt.

Empfehlungen für eine naturverträgliche Sohlräumung:
• Räumung in möglichst langen Zeitabständen und in Abhängigkeit von der Vorflutfunktion
• möglichst kurze Räumstrecken (max. 500 m)
• keine Eintiefung der Grabensohle gegenüber dem ursprünglichen Sohlniveau (nur Beseitigung der Anlandungen)
• Räumgut am Ufer lagern und nach einer Abtrocknungsphase abfahren: Bestimmte Gewässertiere können so wieder zurückwandern; Ausbringung von unbelastetem Material auf landwirtschaftlichen Nutzflächen
• größere Grabensysteme: gemeinsame Ortsbegehung mit allen Beteiligten (Unterhaltungslastträger, Untere Naturschutzbehörde, Wasserwirtschaftsamt etc.) zur Festlegung der jährlichen Räumtrassen
• besondere Vorkehrungen bei Gräben mit Vorkommen geschützter und gefährdeter Arten
• kein Einsatz der Grabenfräse wegen der gravierenden Auswirkungen auf Fauna und Flora (Verbot gem. § 39 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG)

 

Sohlkrautung

Auch die Mahd des Pflanzenaufwuchses im Gewässer zur Erhaltung der Abflussfunktion ist grundsätzlich ein massiver Eingriff in den Lebensraum Graben. Durch Art und Umfang können die Auswirkungen allerdings deutlich gemindert werden.

Je nach Breite und struktureller Ausstattung des Grabens kommen Mähkorb, Mähboot, Kombinationsgeräte und – eher selten – die Handsense zum Einsatz.

Grundsätzlich sollte die Sohlkrautung im Spätsommer/Herbst (Juli bis einschließlich November) erfolgen. Röhrichte dürfen vom 01. März bis zum 30. September nicht geschnitten werden (§ 39 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG). Auch hier sind die Vorgaben in den jeweiligen Regelungen der Landesfischereigesetze zu beachten.

Sohlkrautung mit Handsense
Das Krauten mit der Handsense ist die schonendste Methode. Sie ist wegen des hohen Personalaufwands nicht mehr weit verbreitet, kommt aber bei beengten Verhältnissen im innerörtlichen Bereich und bei besonders schützenswerten Gräben zum Einsatz. Bei der Handmahd holt eine zweite Person die Vegetation mit der Gabel/Forke aus dem Gewässer und legt sie auf die Uferböschung. Um den Eintrag von Sickersäften in das Gewässer zu vermeiden, sollte das Schnittgut zeitnah von der Böschungsschulter abtransportiert werden.

Sohlkrautung mit Mähkorb
Der Mähkorb an einem Trägerfahrzeug (Hydraulik-Bagger, Traktor, Minibagger) eignet sich vor allem für kleine und mittelgroße Gräben mit geringer Fließgeschwindigkeit. Er ist in der Regel mit einer mechanischen Schwenkvorrichtung und einem Messerbalkenmähwerk ausgestattet. Die Sohlkrautung mit dem Mähkorb ist bei schonendem Einsatz ökologisch vertretbar, da vor allem kleine freischwimmende Gewässertiere wieder in das Gewässer zurückgelangen können. Bei unsachgemäßem Einsatz (kein ausreichender Abstand zur Gewässersohle, Uferverletzungen) hinterlässt der Mähkorb allerdings ein strukturarmes Gewässerbett.

Empfehlungen für einen naturverträglichen Mähkorbeinsatz:
• Gewässersohle nicht antasten: Abstand zur Sohle mind. 10 cm
• gegen die Fließrichtung arbeiten, um eine gute Sicht auf die Gewässersohle zu gewährleisten
• Erhaltung von Wasserpflanzenpolstern in der Übergangszone Wasser-Land: Rückzugsraum und Wiederausbreitungszentren für Gewässertiere
• keine Mahd der Ufervegetation, wenn damit der Mindestabfluss sichergestellt werden kann. Ansonsten nur die gegenüberliegende Seite mähen und Ufervegetation auf der Arbeitsseite erhalten.
• hierfür am besten geeignet: Mähkorb mit geringer Breite (max. 3,0)
• Gewässerbelastung durch Sickersäfte vermeiden: Mähgut sofort aufladen, abtransportieren und sachgemäß kompostieren.

Sohlkrautung mit Mähboot
Das Mähboot mit höhenverstellbarem Messerbalkenmähwerk kommt ausschließlich an größeren Fließgewässern mit entsprechenden Wassertiefen zum Einsatz. Bei sachgerechter Durchführung ist es das schonendste Gerät zur Sohlkrautung. Empfehlungen für einen naturverträglichen Einsatz des Mähboots:
• die ökologisch wertvolle, amphibische Wasser-Land-Zone von der Mahd ausnehmen: gemäht wird mehr oder weniger eine Schneise in der Gewässerbettmitte
• Wasserpflanzen mind. 10 cm über der Gewässersohle mähen
• Mähgut flussabwärts mittels Krautfang aufnehmen, aus dem Gewässerbett entfernen, abtransportieren und sachgerecht kompostieren

Sohlkrautung mit Kombinationsgeräten
Kombinationsgeräte, wie das Conver-Dreirad, kommen vor allem an größeren Gräben mit durchgängigen Unterhaltungswegen zum Einsatz. Sie verrichten mehrere Arbeitsgänge (Sohlkrautung, Böschungsmahd und Hochharken des Mähguts) gleichzeitig. Diese rationelle und wirtschaftliche Form der Grabenunterhaltung hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Aufgrund der gleichzeitigen Mahd von Gewässersohle und Uferböschung kann diese intensive Form der Gewässerunterhaltung jedoch nicht empfohlen werden: Kein Einsatz an ökologisch wertvollen Gräben!

 

Böschungsmahd

Die Böschungsmahd zählt zu den umfangreichsten Unterhaltungsarbeiten. Der günstigste Zeitpunkt liegt zwischen Anfang Juli und Ende Oktober. Röhrichte dürfen in der Zeit vom 01. März bis zum 30. September nicht geschnitten werden (§ 39 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG).

Hier ist die Auswahl der Geräte ganz besonders entscheidend für eine schonende Ausführung: Schlegelmähwerke und Mulchgeräte sollten nicht mehr zum Einsatz kommen. Sie führen ebenso wie Kreisel- und Scheibenmähwerke zu hohen Tierverlusten. Besonders tierschonend und daher empfehlenswert sind dagegen handgeführte Seitenmäher mit Messerbalken. Das Schnittgut wird beim Einsatz von Mähwerken in der Regel aufgenommen und weggefahren.

Weitere Empfehlungen für eine naturverträgliche Böschungsmahd
• einseitige Mahd im jährlichen Wechsel: Damit bleiben für viele
Arten, auch über den Winter, lebensnotwendige Biotopstrukturen
erhalten
• Erhaltung ökologisch besonders wertvoller Vegetationsbestände wie Röhrichte und Hochstaudenfluren
• Mähgut aufnehmen, abfahren und einer sachgerechten Kompostierung zuführen: dies fördert eher magere Standortverhältnisse und eine artenreiche Ufervegetation

Um die vielfältigen Anforderungen räumlich und zeitlich in Einklang zu bringen, empfehlen sich, insbesondere für größere Grabensysteme, abgestimmte Gesamtkonzepte.

 

Weitere Möglichkeiten

Neben einer naturverträglichen Grabenunterhaltung gibt es weitere Möglichkeiten für flankierende Maßnahmen, um die Lebensraumfunktion von Gräben zu erhalten und zu verbessern:

Artenschutzgräben
Für Gräben mit Vorkommen geschützter und gefährdeter Arten (z. B. Bachmuschel) sind in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde besondere Schutzvorkehrungen zu treffen. Hier ist es erforderlich, die Muscheln vor der Sohlräumung zu entnehmen, zu hältern und nachher wieder einzusetzen. Durch weitere Maßnahmen, zum Beispiel den Einbau von Absetzbecken, können die Tiere vor Feinsedimenteinträgen geschützt werden und so ein Beitrag zu ihrem Erhalt geleistet werden.

Pufferstreifen
Die naturschutzfachliche Qualität von Gräben ist entscheidend vom Umfeld abhängig: Gräben in Wiesengebieten sind in der Regel deutlich artenreicher als in Ackerbaugebieten ohne Pufferstreifen. Deshalb sollten entlang der Gräben ausreichend breite Rand- und Pufferstreifen angelegt werden, wo immer möglich. Dies erleichtert zudem die Grabenunterhaltung.

Biotopgestaltende Maßnahmen
Wo es die Grundbesitzverhältnisse und die angrenzenden Nutzungen zulassen, können auch Uferabflachungen und Gewässeraufweitungen vorgenommen werden. Diese Maßnahmen lohnen sich, um den Lebensraum Graben aufzuwerten und die Artenvielfalt zu erhöhen.

Die Autoren

Martin Burkhart, Dipl.-Ing (FH) Landespflege,
Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt, Sachgebiet Gewässerentwicklung, Ingolstadt

Thomas Hofmann, Dipl. Geologe (Univ.),
GUZV Rosenheim; Berater der Gewässer-Nachbarschaften in den Landkreisen Miesbach und Mühldorf, Schechen

Susanne Kling, Dipl.-Ing. (FH),
Landschaftsplanerin, Landschaftspflegeverband Donautal-Aktiv e.V.; Beraterin der Gewässer-Nachbarschaft in den Landkreisen Donau-Ries und Dillingen, Bächingen

Werner Rehklau, Dipl.-Ing. Landespflege (Univ.),
Bayerisches Landesamt für Umwelt, Referat Gewässerentwicklung und Auen, Koordination der Gewässer-Nachbarschaften Bayern, Augsburg

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