ERFAHRUNGSBERICHTE UND INTERVIEWS

Mit Blick in die Zukunft

Text: Sonja Mayer | Foto (Header): © Gemeinde Neu Wulmstorf

Bürger beschweren sich, Trends sind unausweichlich, die kommunalen Kassen leer. Wie lässt sich in diesem Spannungsfeld ein Friedhof modernisieren? Neu Wulmstorf macht es vor.

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe Februar 2021
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Spricht man mit Harald Heins, wird schnell klar: der gelernte Gärtnermeister weiß nicht nur, wovon er spricht, er liebt auch die Tätigkeiten in und mit der Natur. So ist es nicht verwunderlich, dass die Verwaltungsspitze der Gemeinde Neu Wulmstorf dem gelernten Gärtnermeister Anfang 2020 neben dem Baubetriebshof auch die Leitung des öffentlichen Friedhofs übergab. Und ein großes Aufgabenpaket gleich dazu: Die Umgestaltung des sechs Hektar großen Friedhofsgeländes steht seither an.

Bereits 2016 hatte die Gemeinde den Prozess der Neugestaltung mithilfe eines Arbeitskreises aus Politik, örtlichen Bestattern und Kirchenvertretern angestoßen und ein Planungsbüro mit der Erstellung eines Friedhofskonzepts beauftragt. Die Kosten wurden damals auf etwa 500.000 Euro festgesetzt. Aufgrund des öffentlichen Kostendrucks entschieden sich die Verantwortlichen, das Konzept erst ab 2022 umzusetzen. Doch Heins und seine Männer konnten bereits letztes Jahr mit den ersten Arbeiten beginnen. Das lag hauptsächlich an der Zusammenlegung der zuvor  eigenständigen Bereiche Baubetriebs- und Friedhof. Auch Trends in den Bestattungswünschen der Bürger spielten eine entscheidende Rolle.

Mehr Aufgaben bei gleichem Personal

„Die Tendenz bei Bestattungen verlagerte sich schon länger eindeutig von klassischen Gräbern in Richtung schlichte Urnengrabstätten und Urnenbestattungen unter Bäumen“, so Heins. Mehr Urnengräber bedeuteten aber mehr freie Fläche, die einen erhöhten Pflegebedarf verlangten. Immer mehr Nutzer wollten ihre Gräber auch nicht länger selbst unterhalten, was ebenfalls mehr Arbeit für die zwei Friedhofsgärtner bedeutete. Zudem erforderte eine große Anzahl von Tätigkeiten nach den gängigen Vorschriften zwingend die Anwesenheit eines zweiten Mitarbeiters, was wiederum negative Auswirkungen auf die zuverlässige Ausführung der übrigen Aufgaben hatte. Dies machte sich unmittelbar im schlechter werdenden Pflegezustand des Friedhofs bemerkbar – ein Teufelskreis, der gelöst werden musste.

 

Neue Zuordnung, neue Maschinen

2019 wurde das Personal und der mobile Teil des Friedhofs deshalb hinsichtlich der besseren operativen Regie dem Baubetriebshof um Harald Heins zugeordnet, während der immobile Teil der Unterhaltung und Bewirtschaftung in der Kernverwaltung verblieb. Es wurden neue Geräte angeschafft, da die Maschinen überaltert oder für den Einsatz nicht mehr geeignet waren. Allerdings wurde deutlich, dass selbst mit den neuen Maschinen und der beschriebenen Umorganisation eine zuverlässige Pflege künftig nur möglich ist, wenn auf dem Friedhof eine zusätzliche Arbeitskraft mit Hand anlegt.

 

Die Lösung: selbst durchführen

Die Gemeinde diskutierte mit dem Planungsbüro, Maßnahmen des Friedhofskonzepts vorzuziehen, möglichst ohne weitere Kosten zu verursachen. Unter der Annahme, dass die Stelle für einen weiteren Friedhofsgärtner genehmigt werden würde, diskutierten die Beteiligten, ob und inwieweit der Baubetriebshof die gesamten Maßnahmen ohne Beauftragung Dritter ausführen könnte. Dies erschien Heins und dem Planer möglich. Für das Material wurden 80.000 Euro angesetzt und zusätzlich geschätzt, dass der Personaleinsatz von Mitarbeitern des Baubetriebshof Personalkosten in Höhe von etwa 240.000 Euro bedeuten würden. Daraus errechnete sich eine Ersparnis von etwa 180.000 Euro an direkten externen Vergaben. Die Einsparung sollte als Anschubfinanzierung einer dritten Fachkraft genutzt werden. Dieser vom Arbeitskreis erarbeitete Vorschlag überzeugte auch den Gemeinderat. Nach der erfolgreichen Besetzung eines weiteren Friedhofgärtners konnten Heins und sein Team 2020 mehrere Bereiche des Geländes in Angriff nehmen.

 

Sicherheitsaspekte bei Baumbestattungen

„Als Erstes entschieden wir uns für die Aspekte Bestattungen unter Bäumen, die Wegesanierung sowie die Neubepflanzung des Fichtenwegs. Dann ging es an die Detailplanung. Denn beispielsweise ist der Baumbestand für entsprechende Bestattungen auf einem Friedhof in Bezug auf die Verkehrssicherheit naturgemäß viel strenger auszulegen als in einem Waldgebiet“, erläutert Heins die ersten Vorbereitungen.

 

Rindenmulch unter Bäumen

Im Anschluss entfernte das Team kranke und tote Bäume, beschnitt den bestehenden Baumbestand, um dem Bereich insgesamt eine lichte, klare und gut zu unterhaltende Struktur zu geben. Dann wurden die Hauptgehwege vorbereitet. Diese bekamen eine 20 cm starke Tragschicht aus Gneisschotter (Körnung 0-32 mm) und später noch eine wassergebundene Wegedecke aus Natursteinsplitt (Glenanda Körung 0-16 mm). Die Abzweigungen zu den einzelnen Bäumen erhielt eine Oberschicht aus Rindenmulch. Auf dem weichen, aber wasserdurchlässigen Boden gelangt man nun zum Baum, unter dem der Platz für ein Urnengrab gemietet werden kann.

 

Wegesanierung

Ein weiterer wichtiger Bereich war die Niveauangleichung von Bestandsgräbern und Gehwegen. Neben der Höhenanpassung wurde auch eine klare Trennung zu den vermehrt unbenutzten Grünflächen geschaffen, die sich jetzt besser pflegen lassen.

 

Von der „Hölle“ zur Lichtallee

Sehr am Herzen lag Heins die Neugestaltung eines mit dichten Fichtenbäumen verschatteten Hauptwegs. Heins: „Dieser Weg war so dunkel, es fühlte sich wie ein Gang durch die Hölle an, aber früher bevorzugte man eben eine Bepflanzung, die möglichst schnell wächst. Viele Bäume waren mittlerweile krank und teilweise kahl. Wir beschlossen, die Fichten komplett zu entfernen und durch das Pflanzen junger Linden die bereits bestehende Lindenallee fortzuführen und den Blick auf andere Teile des Friedhofs freizugeben.“ Als Begleitgrün wurden Rhododendronbüsche gesetzt. „Diese ragen weder in die Gehwege hinein, noch verschatten oder bewuchern sie Grabstätten“, beschreibt Heins die Arbeiten weiter.

 

Handy klingelt zu häufig

Auf den neuen und alten Grünflächen ließen sich noch einige Landschaftsträume umsetzen. Und den 53-Jährigen reizt es nach eigener Aussage oft sehr, selbst Hand anzulegen: „Es gibt noch viele Ecken auf dem Gelände, wo ich gerne Rückzugsorte schaffen würde – mit einer entsprechenden Bepflanzung oder einem Ruhebänkchen.“ Doch solche praktischen Aufgaben lasse sein Job einfach nicht mehr zu: „Ich habe mich einmal auf einen Bagger gesetzt. Es hat so oft das Handy geklingelt, dass ich wieder abgestiegen bin“, so Heins.

 

Nur mit halber Kraft

Heins hat aber nicht nur aufgrund seiner Doppelaufgabe Baubetriebs- und Friedhof wenig Zeit. Kopfzerbrechen bereitet ihm wie viele andere Leiter auch die erschwerten Bedingungen durch die Corona-Pandemie. Nur die Hälfte der Mitarbeiter stehen ihm für die gesamte Aufgabenpalette zur Verfügung, die andere Hälfte ist derzeit freigestellt: „Damit immer ein Teil der Mannschaft arbeiten könnte, sollte der andere wegen Quarantäne oder Krankheit ausfallen“, erklärt der 53-Jährige. Das Verständnis für die Bauarbeiten sei indes bei den meisten Bürgern vorhanden – für etwa 95 Prozent gingen seiner Schätzung nach die Einschränkungen auf dem Friedhof komplett in Ordnung. „Die restlichen fünf Prozent Nörgler gibt es immer. Davon lassen wir uns aber nicht abbringen.“

Müßig ist die Frage nach dem Ende der Neugestaltung, denn „fertig ist man auf einem Friedhof natürlich nie“, bemerkt der aus Apensen stammende Niedersachse zum Abschluss schmunzelnd.

Der Autor

Sonja Mayer
Chefredakteurin bauhofLeiter

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