ERFAHRUNGSBERICHTE UND INTERVIEWS

Frauen am Bauhof

Text: Christine Lendt | Foto (Header): © Bauhof Südlohn

Während auf vielen Bauhöfen nach wie vor ausschließlich Männer arbeiten, beweist die westfälische Gemeinde Südlohn, wie förderlich Frauenpower für das Team sein kann. Der Grund heißt Mareen Robers.

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe Februar 2021
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Wenn Schnee und Eis sich über die Gemeinde Südlohn und ihren Ortsteil Oeding legen, fährt der für die Grünflächenpflege zuständige Trupp des Bauhofs auch mal für den Winterdienst raus. Immer mit dabei ist Mareen Robers. Und neulich ging es um die Einsatzplanung. „Wir haben eine Strecke mit einem großen Trecker und dem Anhänger, und eine kleine TreckerStrecke, für die ich eingeteilt war“, erklärt die 21-Jährige. „Mein Arbeitskollege von der großen Strecke fragte mich, ob ich mit ihm tauschen würde. Und ich sagte, nee lieber nicht, ich bin doch trotz allem eine Frau, am Ende mache ich nur alles kaputt.“ Da mussten beide herzhaft lachen, und natürlich fuhr Mareen Robers die große Strecke dann doch. Seit dem 1. Mai 2021 arbeitet sie auf dem Bauhof der 9.000-Einwohner-Gemeinde im Münsterland – als erste Frau, die dort jemals eingestellt wurde. Ein großes Thema ist diese Tatsache dort jedoch nicht, wie sie berichtet: „Ab und zu scherzen wir mal darüber, aber immer in einem netten Ton, und ansonsten spielt es gar keine Rolle. Ich verstehe mich super mit meinen Kollegen!“

 

Mut zur Bewerbung

Insgesamt hat Mareen Robers zehn Kollegen, Bauhofleiter Stefan Brüggemann eingeschlossen. Drei davon wurden genauso wie sie als Gärtner eingestellt. Auf die Stellenausschreibung hatte ihr Vater sie aufmerksam gemacht: Wäre das nicht etwas für dich? „Mir gefiel der Gedanke, hier auf dem Bauhof zu arbeiten, zumal ich während meiner Ausbildung zur Floristin festgestellt habe, dass ich den vielfältigen Gärtnerberuf und die Arbeit draußen viel besser mag. Zu dem Betrieb gehörte eine große Gärtnerei mit zwei Treibhäusern, außerdem waren wir als Friedhofsgärtner in dem Ort zuständig.“ Von Anfang an war sie auch bei diesen Aufgaben mit dabei, lernte viel über Bodendecker und andere Pflanzen, sammelte Erfahrungen in der Grünflächenpflege. „Fachlich war ich mir sicher, für diese Stelle geeignet zu sein, aber ich dachte, trotzdem keine Chance zu haben. Schließlich wusste ich, dass Frauen auf einem Bauhof eher unüblich sind.“ Der Vater aber machte ihr Mut: Probiere es doch einfach mal!

Kurzerhand schickte Mareen Robers ihre Bewerbung los. Schon bald wurde sie zum Vorstellungsgespräch auf dem Südlohner Bauhof eingeladen und überzeugte auch dort prompt. „Am nächsten Tag habe ich direkt den Anruf bekommen, dass ich die Stelle bekommen hätte“, freut sie sich. „Ich brauchte dann nur noch den üblichen Gesundheitscheck zu machen und es konnte losgehen.“ Kam in dem Gespräch auch mal eine Frage wie: Trauen Sie sich das wirklich zu, hier arbeiten doch nur Männer? „Nein, das war gar kein Thema“. Für ihren Chef Stefan Brüggemann kam es auf andere Dinge an – hier werden alle Bewerber und Bewerberinnen gleich behandelt, darauf legt man auch bei der Kommunalverwaltung wert.

„Für mich ist das Geschlecht bei jedem Bewerbungsverfahren unerheblich. Mareen musste sich im Vorstellungsgespräch gegen vier männliche Bewerber durchsetzen, die sich denselben Anforderungen stellen mussten. Ihre Ausbildung, ihre schriftliche Bewerbung und ihr Auftreten im persönlichen Gespräch führten bei allen Entscheidungsträgern zu dem einstimmigen Ergebnis, Mareen diese Stelle anzubieten. Und das unabhängig von Frauenförderung und Frauenquoten, sondern weil sie genau das mitbringt, was wir in der Stellenausschreibung gefordert hatten. Durch den offenen und ehrlichen Umgang im Bauhofteam war mir klar, dass Mareen und jede weitere Frau, die wir in Zukunft beschäftigen werden, genauso gut aufgenommen und behandelt wird wie jeder männliche Mitarbeiter auch.”
Stefan Brüggemann, Leiter des Bauhofs Südlohn

Nächstes Ziel: Der Kettensägenschein

Für das Team ist Mareen Robers längst unverzichtbar geworden. „Zu meinen Aufgaben gehört natürlich vor allem die Grünflächenpflege, wir kümmern uns um alles, was wir hier in der Gemeinde so an Beeten haben. Dabei versuchen wir, das Dorf immer wieder etwas schöner zu machen, auch mal etwas Blühendes zu pflanzen an Stellen, wo noch Platz ist.“ Auch Aufgaben wie Baumschnitt gehören dazu, dies ist Neuland für sie, genauso wie der Winterdienst. „Aber dafür habe ich ja drei super Kollegen an meiner Seite, die mich einarbeiten und bei Fragen immer für mich da sind. So lerne ich nun peu à peu immer mehr dazu.“ So gedeihen auch ihre Kenntnisse und Erfahrungen in der Baumpflege.“ Für den Kettensägenschein ist sie schon angemeldet.

„Die Gemeinde Südlohn hat sich die berufliche Gleichstellung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ziel gesetzt. Auswahlentscheidungen erfolgen unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Landesgleichstellungsgesetzes NRW. Dass Mareen sich bei uns beworben hat und sich im Auswahlverfahren durchsetzen konnte, freut mich. Wir bilden regelmäßig junge Menschen aus und qualifizieren sie für einen späteren Beruf. Dabei verstehen wir uns als eine lebendige Organisation, die ihre Interessen, Bedürfnisse und Ziele mit denen unserer Beschäftigten in Einklang zu bringen versucht und legen Wert auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gute Bildungs- und Karrieremöglichkeiten und unterstützen unsere Beschäftigten in puncto Work-Life-Balance.“
Markus Lask, Leiter des Fachbereichs Zentrale Dienste und Steuerung der Gemeinde Südlohn

Die entsprechenden Späße macht sie meist selbst

Stößt sie nicht doch auch mal an ihre Grenzen? „Nein, ganz und gar nicht. Es ist außerdem immer mindestens einer von meinen Kollegen bei mir. Das klappt sehr, sehr gut.“ Auch „dumme Sprüche“ macht hier niemand. „Wenn doch mal ein lustiger Spruch kommt, ist das in keiner Weise böse gemeint, oft mache ich solche Späße sogar eher selbst.“ Der kumpelhafte, ehrliche Ton im Team gefällt Mareen Robers. „Ich komme ja aus einem Betrieb, in dem ich mit mehreren Floristinnen zusammengearbeitet habe, und im Gegensatz zu dem Zickenalarm, der da manchmal war, ist es schon ziemlich entspannt hier“, sagt sie schmunzelnd. Genauso positiv wird die Bauhof-Mitarbeiterin von den anderen Bürgern und Bürgerinnen der Gemeinde aufgenommen. Es hat sich herumgesprochen, sogar die Lokalpresse berichtete über die Pionierin auf dem Bauhof.

Auch für sie war es die richtige Entscheidung. „Mir gefällt es hier so sehr. Zusammen möchten wir das Dorf schöner gestalten, ein paar in Vergessenheit geratene Ecken ausbaggern und bepflanzen, um unseren Mitbürgern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Dann bin ich völlig zufrieden.“

Die Autorin

Christine Lendt
Freie Journalistin und Autorin
www.recherche-text.de

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