Haftung und Recht
EU-weite Ausschreibung nötig
Text: Wilfried Busse | Foto (Header): © Dushlik – stock.adobe.com
Die Beschaffung von Räum- und Schneeschildern, Schneepflügen oder Schneeschiebern unterliegt dem Vergaberecht und ist daher grundsätzlich im transparenten Wettbewerb zu vergeben. Worauf es ankommt, damit man am Ende auch das bekommt, was man braucht und will, lesen Sie hier.
Auszug aus:
der bauhofLeiter
Ausgabe Mai 2024
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Wenn am Bauhof neue Räum- oder Schneeschilder, Schneepflüge, Schneeschieber usw. nötig sind, unterliegt das, wie sonstige Beschaffungen der öffentlichen Hand, dem Vergaberecht und ist grundsätzlich im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren zu vergeben. Zudem müssen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.
Beschaffung von Räumschildern zählt zu den Lieferaufträgen
Lieferleistungen umschreiben somit Aufträge, in denen vertraglich die Lieferinhalte und deren Abwicklung bestimmt werden, für die der Auftraggeber ein Entgelt an den Auftragnehmer zahlt. Lieferleistungen werden i.d.R. nach der Verfahrensordnung für die nationale Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge (Unterschwellenvergabeordnung – UVgO) vergeben. Für die Vergabe öffentlicher EU weiter Vergaben ist die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) anzuwenden. Vor der Ausschreibung jedes Vergabeverfahrens ist vom öffentlichen Auftraggeber weiterhin die sog. Vergabereife herzustellen. Das bedeutet, dass grundsätzlich eine erschöpfende und eindeutige Leistungsbeschreibung nötig ist und die sonstigen rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für einen Beginn des Vergabeverfahrens gegeben sein müssen. Insbesondere muss die Finanzierung des Vorhabens gewährleistet sein.
Schätzung des Auftragswerts
Weiterhin muss zunächst der Auftragswert gem. § 3 VgV geschätzt werden. Die Höhe des Auftragswerts bzw. Auftragsvolumens entscheidet darüber, ob ein nationales oder europaweites Vergabeverfahren durchzuführen ist und ob die Vergabe der Kontrolle durch die Vergabekammern und Oberlandesgerichte unterliegt.
Die Schwellenwerte für Liefer- und Dienstleistungen liegen seit dem 1. Januar 2024 bei 221.000 Euro. Unterhalb dieses Schwellenwerts gelten die Regelungen nach der UVgO. Die Leistungen sind nach § 8 UVgO durch ein nationales Vergabeverfahren zu vergeben durch:
- eine öffentliche Ausschreibung
- eine beschränkte Ausschreibung mit und ohne Teilnahmewettbewerb oder
- eine Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb
Oberhalb des Schwellenwerts erfolgt ein EU-weites Verfahren nach § 14 VgV durch:
- ein offenes Verfahren
- ein nicht offenes Verfahren
- ein Verhandlungsverfahren mit und ohne Teilnahmewettbewerb
- einen wettbewerblichen Dialog oder
- eine Innovationspartnerschaft
Preislich liegen die größeren Räumschilder i.d.R. oberhalb des vorgenannten EU-Schwellenwerts, sodass üblicherweise ein offenes oder ein nicht offenes Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, durchzuführen ist. Der öffentliche Auftraggeber kann in diesem Fall zwischen offenem und nicht offenem Verfahren wählen.
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Aufnahmemöglichkeiten für Räumschilder, Schneeschieber usw. an die Fahrzeuge muss im Leistungsverzeichnis detailliert angeben werden, an welches Fahrzeug das Anbaugerät passen muss (z.B. Hofladeraufnahmen, Frontanbau für Schlepper, Frontladeranbau – z.B. Euroaufnahme-, Rad- oder Kompaktladeranbau). Dadurch wird bereits eine gewisse Vorauswahl getroffen, weil nicht alle Unternehmen alle Leistungen anbieten.
Teilnahmewettbewerb empfohlen
Als Vergabeart bietet sich bei diesen Leistungen ein Verfahren mit Teilnahmewettbewerb an, um die Eignung der Bewerber vorab zu prüfen, nur geeignete Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern und somit bereits im Vorfeld den Kreis der Bieter deutlich zu reduzieren.
Als Vergabeart in Betracht kommen hier insbesondere EU-weit das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, und national die beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb. Ein offenes Verfahren oder eine öffentliche Ausschreibung ist natürlich auch zulässig, wobei die Anzahl der Bewerber in solchen Fällen deutlich größer sein kann.
Schritt für Schritt
- Der Auftraggeber muss seine Vergabeabsicht, ein Vergabeverfahren mit oder ohne Teilnahmewettbewerb durchzuführen, in einer Auftragsbekanntmachung mitteilen. Für die Auftragsbekanntmachung bei EU-weiten Vergabeverfahren sind seitdem 25. Oktober 2023 die neuenEU-Standardformulare für oberschwellige Verfahren (eForms) verpflichtend. Eine zusätzliche nationale Bekanntmachung ist zulässig. Nationale Auftragsbekanntmachungen sind auf den Internetseiten des Auftraggebers oder auf Internetportalen zu veröffentlichen. Zusätzlich können sie in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern oder Fachzeitschriften abgedruckt werden.
- Anhand der mit dem Teilnahmeantrag geforderten und vorgelegten Eigenerklärungen oder Nachweise zur Eignung wählt der Auftraggeber Bewerber aus, die er dann auffordert, in dem Vergabeverfahren ein Angebot einzureichen.
- Die eingereichten Angebote prüft der öffentliche Auftraggeber und ermittelt anhand der vorgegebenen Wertungskriterien und der angebotenen Leistungen, ob die angebotenen Produkte seinen Erwartungen entsprechen und ob die angebotene Leistungen zu den vorhandenen Fahrzeugen passen.
- Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt dann auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses (siehe § 43 UVgO und § 58 VgV).
- Das Vergabeverfahren ist zeitnah zu dokumentieren, damit die einzelnen Schritte und Maßnahmen, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen in Textform festgehaltenwerden (§ 6 UVgO, § 8 VgV).
Der Autor
Wilfried Busse geboren 1951; Studium der Fachhochschule für Wirtschaft mit dem Abschluss als Diplomingenieur; seit 2005 im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und dort für das Auftragswesen zuständig.