ERFAHRUNGSBERICHTE UND INTERVIEWS

E-Mobilität

Text: David Klein | Foto (Header): © Stadt Achim

Im Einklang mit dem Klimaschutz und wegen Vorgaben der Behörden verabschieden sich immer mehr Bauhöfe von Verbrennungsmotoren. Stattdessen setzen sie auf Elektrofahrzeuge. Doch wie bewähren sich diese Fahrzeuge im täglichen Betrieb – besonders im Winterdienst?

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe Februar 2024
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Die Klimadebatte lässt sich nicht mehr ignorieren. Städte und Unternehmen werden zunehmend umweltbewusster. Seit dem 2. August 2021 verlangt das Gesetz zur Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge, basierend auf der EU-Richtlinie 2019/ 1161 „Clean Vehicles Directive“, von öffentlichen Einrichtungen in Deutschland, einen Teil ihrer Fahrzeugflotte emissionsarm oder -frei zu gestalten. Dies schließt verbindliche Mindestziele für die Beschaffung von emissionsarmen und -freien Pkw sowie leichten und schweren Nutzfahrzeugen ein. Viele Landkreise und Kommunen setzen die Vorgaben bereits um. So integrierte der Bauhof Erkrath im Sommer 2023 das erste Elektrofahrzeug in seinen Fuhrpark, gefolgt von drei weiteren im Dezember desselben Jahres. Für 2024 sind zwei zusätzliche Elektrofahrzeuge geplant.

Auch in Großstädten wie Frankfurt am Main modernisiert man den Fuhrpark. Die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) hat sechs in Betrieb genommen und vier elektrische Sattelzugmaschinen von Volvo für die Tochtergesellschaft FFR angeschafft.

In Tirol setzt eine Gemeinde bereits seit zehn Jahren auf Elektrofahrzeuge. Der Bauhof in Kundl freut sich über sein elektronisch betriebenes Sortiment, wie die Tiroler Tageszeitung schreibt. Aber welche Vorteile bringen Elektrofahrzeuge wirklich? Können sie herkömmliche Verbrenner momentan ersetzen? Und wo liegen mögliche Bedenken?

 

Geteilte Meinungen

Der Achimer Bauhof im niedersächsischen Landkreis Verden hat Ende 2022 und im Juni 2023 zwei elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge erworben: einen Goupil G6 und einen Ford E‐Transit als Kastenwagen. Daniel von Salzen, Leiter des Achimer Bauhofs, berichtet von anfänglichen Bedenken unter den Mitarbeitenden. „Die Meinung war geteilt “, erzählt von Salzen. Besonders die Reichweite war ein Thema: „Hält der sich gezeigt, dass die Achimer Belegschaft den Veränderungen gegenüber aufgeschlossen ist.

Klimaschutz als Hauptargument

Der praktische Nutzen im Arbeitsalltag manifestiert sich v. a. in der Emissionsreduktion, meint von Salzen. Ein Hauptgrund für die Anschaffung der E‐Fahrzeuge. Sie bieten auch Vorteile im Komfort, da Kupplung und Gangschaltung entfallen. Auch Wartungsarbeiten wie Ölstandkontrollen und Filterwechsel sind nicht nötig. Zudem können die Fahrzeuge direkt am Bauhof aufgeladen werden, wobei Pläne für eine Photovoltaikanlage bestehen, die zukünftig den Strom liefern soll, verrät von Salzen.

 

Gesundheitsschutz und Förderungen

In Städten wie Frankfurt, die ihre Klimaziele bis 2035 erreichen sollen, scheint sich die Investition in E‐Fahrzeuge zu lohnen. Die FES reduziert mit den eEconic-Fahrzeugen den CO₂-Ausstoß ihres Fuhrparks erheblich und nutzt ein innovatives Ladekonzept am Müllheizkraftwerk in Heddernheim, um die Emissionen weiter zu senken.

Am Bauhof in Landau sieht man zudem Vorteile im Gesundheitsbereich. Der neue E‐Goupil ist ideal für Kurzstrecken in der Stadtreinigung und bietet mehr Komfort und Gesundheitsschutz. Der Elektroantrieb emittiert keine Schadstoffe und sorgt für bessere Arbeitsbedingungen. Zudem verfügt das Fahrzeug über mehr Platz im Innenraum und eine bequeme Einstiegshöhe.

Ein weiterer positiver Aspekt ist die Finanzierung. Die Bundesregierung unterstützt die Elektromobilität durch diverse Forschungs- und Entwicklungsprogramme, darunter das Förderprogramm „Erneuerbar Mobil“ des BMU. Dieses konzentriert sich auf die Förderung von Projekten, die Elektrofahrzeuge im Hinblick auf Klima- und Umweltschutz sowie nachhaltige Stadtentwicklung nutzen. Das führte dazu, dass der Landkreis Verden und der Achimer Bauhof 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber konventionellen Antrieben erstattet bekamen.

 

Minuspunkt im Winterdienst

Doch natürlich ist nicht alles super, wenn es um E‐Mobilität geht – auch nicht in Achim. Bis zum Winter hätten sie mit den Elektrofahrzeugen keine Probleme gehabt, schildert von Salzen. Speziell der Goupil G6, der voll aufgeladen 80 km schafft, zeige nun allerdings Einbußen in der Reichweite. Auch das Aufladen dauere nun länger. „Der Akku ist gebeutelt”, fasst von Salzen zusammen. Dies läge v. a. daran, dass die Batterie im Winter stärker beansprucht werde, beispielsweise durch die Klimaanlage. Der Ford Transit hingegen bereite keine Schwierigkeiten. Beide Fahrzeuge sind weiterhin im Betrieb. Wie der TÜV Nord auf seiner Homepage schreibt, beeinflusst Kälte nicht nur die Batteriekapazität, sondern kann auch den Ladevorgang verlangsamen, besonders wenn das Elektroauto draußen steht. Dies ist am Achimer Bauhof noch der Fall, auch wenn sich das in Zukunft ändern soll. Die Anschaffung der Elektrofahrzeuge erforderte auch organisatorische Anpassungen, darunter neue Fahrrouten, die von der Akkulaufzeit und dem Einsatzbereich abhängen. Denn die Fahrzeuge seien nicht überall und für jeden Einsatzzweck verwendbar, sagt von Salzen. Gerade bei längeren Routen bestünde die Gefahr, dass die E‐Fahrzeuge stehen blieben. Insgesamt habe sich also mit den Elektrowagen der organisatorische Aufwand erhöht.

Daniel von Salzen ist grundsätzlich zufrieden. Zwar könne er kein abschließendes Fazit ziehen, auch nicht in Bezug auf Mehrkosten durch Strom, aber die beiden E‐Fahrzeuge bringen ihre Leistung. Eine dritte Anschaffung wird derzeit geprüft, auch wenn der Fördertopf ausgeschöpft sei: Der Fuhrpark soll um eine Kleinkehrmaschine aufgestockt werden. Ein E‐Antrieb wird favorisiert. Ergebnis: offen.

Der Autor

David Klein
Volontär im Forum Verlag Herkert: Online-Redaktion für die Fachzeitschriften der bauhofLeiter und FEUERWEHR

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