TIPPS UND INFOS

Giftpflanzen auf Spielplätzen, in Kindereinrichtungen und Freibädern

Text: Dipl.-Ing. Frieder Fischer| Foto (Header): © Frieder Fischer

Viele Pflanzen mögen schön aussehen, sind dabei aber doch mehr oder weniger giftig. Besonders in Gebieten, wo sich oftmals auch unbeaufsichtigt spielende Kinder aufhalten, kann das zu Problemen führen.

Auszug aus:

der bauhofLeiter
Ausgabe Mai 2022
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Ein Beispiel für Pflanzen, die in Aufenthaltsbereichen von Kindern problematisch sein können, ist das Beifußblättrige Taubenkraut. Nicht selten erscheint die stark allergene Pflanze im Frühjahr im Bereich von Vogelhäuschen. Obwohl sie gesetzlich nicht verboten ist, haben einige Bundesländer bereits Programme zur Bekämpfung und eine Meldepflicht festgelegt. Das Bayerische Gesundheitsministerium fordert z. B. jeden Bürger zur Vernichtung dieser Pflanzen auf. Dazu sind folgende Sicherheitsvorkehrungen zu beachten.

  1. Pflanzen nur mit Handschuhen anfassen!
  2. Bei blühenden Pflanzen Feinstaubmaske tragen!
  3. Pflanzen möglichst vor der Blüte mit der Wurzel ausreißen, in einem Plastiksack verpacken und im Hausmüll entsorgen!
  4. Bestände mit mehr als 100 Pflanzen sind der Kreisverwaltung zu melden

Im Aufenthaltsbereich von Kindern genügt es aber nicht, sich sporadisch auf eine Pflanze zu beschränken. Hier sind präventiv und systematisch die Auswirkungen der gesamten Vegetation auf die Gesundheit zu beachten – auch, um eine zivil- oder strafrechtliche Haftung zu vermeiden. Zu beachten sind in erster Linie toxische Wirkungen von Pflanzen, das allergene Potential und mögliche Gefährdungen durch Dornen und Stacheln.

Im Folgenden ist für Praktiker zusammengestellt, welche Rechtsvorschriften und Normen bei der Auswahl von Pflanzen im Aufenthaltsbereich von Kindern zu beachten sind.

Vorschriften und Normen

Es gibt in Deutschland kein umfassendes Regelwerk zum Umgang mit Giftpflanzen. Lediglich im Betäubungsmittelgesetz
finden sich Einschränkungen für bestimmte Pflanzen. Unterhalb der Gesetzesebene finden sich Festlegungen zu Giftpflanzen in Normen für Spielplätze, in Erlassen von Bundesbehörden und im Regelwerk zu Kindereinrichtungen von verschiedenen Regelsetzern.

DIN 18034
Die 2020 zurückgezogene DIN 18034 nannte sechs Pflanzen, die auf Spielplätzen nicht zu tolerieren waren:

  • Das Pfaffenhütchen, bislang als mittelschwer giftig eingestuft und auf Spielplätzen unzulässig, wurde inzwischen auf
    leicht giftig abgestuft und ist nicht mehr in der offiziellen Liste enthalten. Giftig sind alle Pflanzenteile, vor allem die Samen.
  • Von den Seidelbast-Arten ist in der aktuellen Liste nur noch der Gewöhnliche Seidelblast enthalten. Alle Pflanzenteile können zu schweren Vergiftungen führen. Bei Trocknung bleibt die Toxizität erhalten.
  • Die in Deutschland heimische und laut Bundesartenschutzverordnung besonders geschützte Europäische Stechpalme ist nur noch als leicht giftig eingestuft. Giftig sind Früchte und Blätter.
  • Die ganze Pflanze Goldregen, vor allem die bohnenähnlichen Hülsen, ist mittelschwer giftig. Die Toxizität bleibt auch in getrockneten Pflanzenteilen bestehen.
  • Die Herkulesstaude findet sich teilweise in größeren Beständen in der freien Natur. Alle Pflanzenteile und besonders der Saft sind mittelschwer giftig/phototoxisch: Bei Hautkontakt in Verbindung mit Sonnenstrahlen kann es zu schweren Hautschäden kommen, die Verbrennungen 2. oder 3. Grades ähneln. Bei Mäharbeiten kann der Pflanzensaft versprüht werden und Vergiftungen auslösen. Beim Umgang ist Sonnenschein zu vermeiden und persönliche Schutzausrüstung zu tragen. Von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen wurde eine „Allgemeinverfügung zur Bekämpfung der Herkulesstaude im Straßenbegleitgrün“ erlassen. Danach darf die Herkulesstaude unter bestimmten Bedingungen noch bis Ende 2025 mit Herbiziden bekämpft werden.
  • Auch das eingangs vorgestellte Beifußblättrige Taubenkraut/Ambrosia stand auf der Liste

DIN 18034-1
Mit Erscheinen von DIN 18034-1 wurden 2020 die bisherigen generellen Verbote nach DIN 18034 liberalisiert. Pflanzen, die bei Verzehr und Kontakt zu erheblichen Gefährdungen führen, sind nicht zulässig, ohne dass diese konkret benannt werden. Stark phototoxische Pflanzen sind verboten. Betreiber und Inspektionspersonal müssen diese Schutzziele nunmehr umsetzen. Da die „Liste giftiger Pflanzenarten“ zunächst weiterhin in Kraft war und als Erlass eines Bundesministeriums eine wesentlich größere Rechtsverbindlichkeit entfaltete, blieb in der Praxis alles wie bisher, denn die vormals generell verbotenen Pflanzen sind, außer Ambrosia, ebenfalls in der Liste enthalten.

Die Liste giftiger Pflanzenarten
In der „Liste giftiger Pflanzenarten“ vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit heißt es wörtlich: “Diese Liste enthält ausschließlich Pflanzen, die auch bei Aufnahme geringer Mengen an Pflanzenmaterial mittelschwere bis schwere Vergiftungen verursachen können. Es wird davor gewarnt, diese Pflanzen an Plätzen anpflanzen oder aufwachsen zu lassen, die Kindern als Aufenthalts- und Spielort dienen.” Da die Liste inzwischen überarbeitet wurde, wird auf weitere Erläuterungen verzichtet.

Das Regelwerk der DGUV
Die Unfallkassen als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben nach § 15 SGB VII9 das Recht, Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen. Diese werden auch als DGUV-Vorschriften bezeichnet und sind nur im Bereich der zugehörigen Unternehmen und für die versicherten Personen gültig, also z. B. in Kindertageseinrichtungen und Schulen, nicht aber für Besucher öffentlicher Spielplätze und Freibäder.

  • DGUV-Vorschrift 82 Kindertageseinrichtungen (§ 29 Wasserflächen, Anpflanzungen): (2) In Aufenthaltsbereichen der Kinder dürfen sich keine Pflanzen befinden, von denen besondere Verletzungs- und Gesundheitsgefahren ausgehen.
  • DGUV-Information 202-022 Außenspielflächen und Spielplatzgeräte: Der direkte Kontakt oder der Verzehr von Pflanzen oder Pflanzenteilen darf zu keinen erheblichen Gefährdungen für Kinder führen. Sehr giftige Pflanzen dürfen daher in Kindertageseinrichtungen nicht angepflanzt bzw. müssen entfernt werden. Dazu zählen auch stark phototoxische Pflanzen.
  • Die DGUV-Regel 102-602 Branche Kindertageseinrichtung konkretisiert: Pflanzen mit langen und spitzen Dornen dürfen sich nicht im direkten Zugangsbereich befinden.

In Verbindung mit dem Schutzziel „Kinder müssen lernen, Risiken abzuschätzen und mit ihnen umzugehen“, ist ein vollkommenes Verbot von Pflanzen mit Dornen und Stacheln, außer im Aufenthaltsbereich von Kleinkindern, nicht gerechtfertigt. Mitten im Spielbereich sowie entlang der Wege sollten sie vermieden werden. Am Rande des Spielplatzes oder als natürliche Abgrenzung können sie durchaus sinnvoll sein. Dies gilt auch für weitere Pflanzen wie z. B. Brennnesseln.

Hygieneregeln für Kindereinrichtungen
Auf der Grundlage der Infektionsschutzgesetze der Länder haben diese teilweise Rahmenhygienepläne für Kindereinrichtungen erlassen. Die dort enthaltenen Festlegungen zu Giftpflanzen sind in der Regel allgemein gehalten und haben empfehlenden Charakter. So ist z. B. im Rahmenhygieneplan für Kindereinrichtungen von Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt lediglich festgelegt: Kindereinrichtungen sind von den giftigsten Vertretern und solchen Giftpflanzen, deren Früchte auf Kinder besonders anziehend wirken, freizuhalten.

Liste besonders giftiger Gartenpflanzen und einheimischer Pflanzen in der freien Natur

Durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurde das Vergiftungsrisiko für Kleinkinder bis sechs Jahre durch Giftpflanzen für 251 Pflanzen neu bewertet11 und führte 2021 zu dieser neuen Liste. Im Unterschied zur Liste aus dem Jahr 2000 wurden nur Pflanzen ausgewählt, bei denen ein Kontakt für Kinder wahrscheinlich ist. Zusätzlich zum Gefährdungspotenzial der Pflanzen wurde auch das Risiko für Kinder bewertet. Allergien auslösende Pflanzen wurden nicht betrachtet. Die Risikobewertung erfolgte in vier Kategorien. In Klammern wird aufgeführt, wie viele Pflanzen der Kategorie zugeordnet werden.

  • Kategorie 0: kein Vergiftungsrisiko, max. leichte gastrointestinale Symptome und keine hochgiftigen Inhaltsstoffe in relevanten Konzentrationen.
  • Kategorie 1: giftige Inhaltsstoffe, sodass leichte Vergiftungen bei Kleinkindern möglich erscheinen.
  • Kategorie 2: giftige Inhaltsstoffe in solchen Konzentrationen, dass mittelschwere Vergiftungen bei Kleinkindern möglich erscheinen.
  • Kategorie 3: hochgiftige Inhaltsstoffe in so hohen Konzentrationen, dass schwere Vergiftungen bei Kleinkindern möglich erscheinen und Lebensgefahr bestehen kann.

Besonders giftige Pflanzen

In der folgenden Tabelle werden einige Pflanzen aufgeführt, die in der neuen Liste in Kategorie 3 eingestuft wurden.

Deutscher Name Vorw. gift. Pflanzenteile Wuchsform
Bilsenkraut, schwarzes alle krautig
Eisenhut, blauer
Eisenhut, Tauern
Eisenhut, Wolfs
alle krautig
Engelstrompete alle Strauch, Baum
Germer, weißer alle krautig
Herbstzeitlose alle krautig
Ruhmeskrone, Prachtlilie alle Kletterpflanze
Schierling, gefleckter alle krautig
Stechapfel alle krautig
Tollkirsche alle krautig
Wasserschierling Blätter, Wurzel krautig
Wunderbaum Samen krautig

Einheimische Bäume und Sträucher
Die einzigen einheimischen Bäume in der Liste sind Eibe, Lebensbaum, Holunder und Robinie (alle Kat. 2). Im Zusatzmaterial zum Bundesgesundheitsblatt 11/2019 wurden folgende Baumarten in Kat.1 eingestuft: Ahorn, Kastanie, Birke, Haselnuss, Buche, Walnuss, Kiefer, Eiche, Eberesche und Weide. Bei den krautigen Pflanzen, Stauden und Sträuchern ist die Vielfalt noch sehr viel größer. Beispielhaft für Kat. 1 seien hier genannt: Klee, Löwenzahn, Flieder, Schneebeere, Farn, Heidekraut, Zierquitte, Margerite und Ginster.

Hilfsmittel
Mithilfe der aktuellen Liste besonders giftiger Pflanzen und der dort angegebenen Veröffentlichungen lassen sich geplante Neuanpflanzungen schon recht gut überprüfen. Bei bestehenden Anpflanzungen gilt es zunächst die vorhandenen Pflanzen zu identifizieren. Landschaftsarchitekten und Gärtner können dabei helfen. Für botanische Laien sind verschiedene Apps zur Pflanzenbestimmung für das Smartphone kostenlos erhältlich. „Flora incognita“ und „Plant Net“ haben nicht nur den Autor überzeugt. Zudem können bei offiziellen Giftnotrufzentralen und Giftinformationszentren per E-Mail Ratschläge und Auskünfte zur Risikobeurteilung eingeholt werden.

Aus der Rechtsprechung

Im Garten eines Einfamilienhauses befanden sich u. a. zwei sehr große Eiben (Bäume). Die Besitzerfamilie mit zwei Kleinkindern beantragte eine Ausnahmegenehmigung zur Fällung dieser Bäume entsprechend Baumschutzsatzung und begründete das mit der Gefährdung ihrer Kinder beim Spiel im Garten durch die giftige Wirkung von Nadeln und Früchten der Eiben. Die zuständige Behörde lehnte sowohl den Antrag als auch den eingelegten Widerspruch ab. Die Familie klagte gegen die Entscheidung der Behörde vor dem Verwaltungsgericht (VG). Die Behörde erteilte in der mündlichen Verhandlung die Ausnahmegenehmigung für die Fällung einer Eibe. Die Behörde wurde verurteilt, den erteilten Bescheid aufzuheben und auch für die zweite Eibe eine Ausnahmegenehmigung zum Fällen zu erteilen (VG Aachen, Urteil vom 14.11.2007, Az. 5 K 268/07).

Was ist zu tun?

Bei allem Verständnis für Vielfalt in der Natur sowie Lernprozesse bei Kindern sind sich wohl alle Beteiligten einig, dass Giftpflanzen im Aufenthaltsbereich von Kindern gewissen Einschränkungen unterliegen müssen: Keinesfalls darf es durch Kontakt mit diesen Pflanzen oder durch Einnahme zu schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen bzw. dauerhaften negativen Folgen für das Kindeswohl kommen. Welche Pflanzen konkret angepflanzt oder geduldet werden, muss vor Ort anhand der konkreten Situation und vor allem anhand des Verständnisniveaus der zu schützenden Personen beurteilt werden – unter Umständen auch über konkrete Verbote. Das ist vor allem im Aufenthaltsbereich von Kleinkindern wichtig, kann aber auch bei Menschen mit intellektueller Entwicklungsstörung eine Rolle spielen. Ein generelles Totalverbot aller Giftpflanzen ist weder gewollt noch praktikabel und schon gar nicht durchzusetzen.

Mit DIN 18034 und der Liste giftiger Pflanzenarten wurden erstmals konkrete Vorgaben gemacht, die auch in der Praxis weitgehend umgesetzt wurden. Seit 2021 liegt nun mit der „Liste besonders giftiger Gartenpflanzen und einheimischer Pflanzen in der freien Natur“ ein wissenschaftlich begründeter Erlass einer obersten Bundesbehörde vor. Auch wenn es sich dabei nicht um eine gesetzliche Vorgabe handelt, sollte sich die öffentliche Verwaltung grundsätzlich an diese Vorgaben gebunden fühlen. Im elektronischen Zusatzmaterial zur Veröffentlichung im Bundesgesundheitsblatt 11/2019 sind weitere 115 Pflanzen der Kategorie 1 enthalten, die z. B. auf Spielplätzen nicht grundsätzlich verboten sind. Planer, Betreiber und Prüfer von Spielplätzen sollten diese Pflanzen kennen, um im Einzelfall über deren Anpflanzen bzw. Verbleib entscheiden zu können. So sollten z. B. Liguster und Kirschlorbeer auf Krippenspielplätzen nicht mehr neu angepflanzt werden. Hingegen können die 93 in der Liste aufgeführten Pflanzen der Kategorie 0 als Positivliste betrachtet werden. Interessenten können mit der Liste z. B. Pflanzpläne für Spielplätze schneller überprüfen. Für Aufenthaltsbereiche von Kleinkindern und anderen vulnerablen Gruppen sind auch die im Erlass nicht aufgeführten Pflanzen der Kategorie 1 (können zu leichten Vergiftungen führen) wichtig. Es wird empfohlen, für diese Pflanzen in den genannten Einrichtungen eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und das Ergebnis zu dokumentieren.

Betreibern von Kindereinrichtungen, Freibädern, Spielplätzen usw. wird dringend empfohlen, die aktuelle Liste und neue Veröffentlichungen zum integralen Bestandteil ihres Sicherheitsmanagements zu machen. In diesem Fall darf vermutet werden, dass sie alles getan haben, um schwerwiegende Vergiftungen durch Pflanzen zu vermeiden. Unfallverhütung bedeutet auch Vermeidung zivil- oder strafrechtlicher Haftung.

Der Autor

Dipl.-Ing. Frieder Fischer
GAO Gesundheits- und Arbeitsschutz Onischka UG (haftungsbeschränkt)
www.onischka.de/seminare

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