MEIN TEAM UND ICH
In der Sandwichposition
Text: Johann Detlev Niemann | Foto (Header): © Андрей Яланский – stock.adobe.com
Rollenverständnis und Wertschätzung sorgen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf allen Ebenen.
Auszug aus:
der bauhofLeiter
Ausgabe Februar 2020
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Viele von uns essen gern ein Sandwich mit zwei oder drei Brotscheiben, die mal mit Schinken und Käse oder mal mit Thunfisch und Ei kombiniert sind. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Doch was hat diese aus England stammende Zwischenmahlzeit mit einem Baubetriebshof zu tun? Wir klären auf.
Mittendrin und zwischendrin
In der Sandwichposition stehen Führungskräfte auf einem Baubetriebshof oder in der Stadtverwaltung zwischen ihren Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten. Dieser Status gilt
- für die Ebene der Teamleiter oder Vorarbeiter,
- für die Ebene der Abteilungsleiter und auch
- für die Ebene der Betriebs- oder Geschäftsleitung, die noch die Verwaltungsspitze über sich hat.
Für alle bedeutet das: Alle Seiten stellen – und das oft auch noch gleichzeitig – ganz unterschiedliche Anforderungen und Ansprüche.
Sie müssen den Spagat schaffen zwischen den Anforderungen und dem, was für Sie überhaupt machbar ist. Und was ist mit Ihnen selbst, der Führungskraft? Sie selbst haben Ihre eigenen Ansprüche und Ihre persönliche Arbeitsweise. Ferner hat jeder von uns seine individuellen Verhaltensmuster und seine persönlichen Führungserfahrungen.
Erstes Beispiel Sandwichposition:
Daniel Schreiter, Leiter des Amtes für Baubetrieb und Immobilienmanagement der Stadt Siegburg (Nordrhein-Westfalen), arbeitet in der typischen Sandwichposition. Sie bringt ihm mehr Vor- als Nachteile. Seine Vorgesetzte ist für ihn eine wichtige Ansprechpartnerin und Vermittlerin zwischen Bürgermeister und Politik.
Bei der unteren Scheibe des Sandwiches besteht die Herausforderung oft darin, mit den Mitarbeitern in einem ständigen Austausch zu bleiben. Es fällt nicht allen Mitarbeitern leicht, ihre Argumente so zu formulieren, dass er als Amtsleiter die Chance hat, seine Sichtweise zu erläutern oder die Sichtweise des Mitarbeiters bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
Dies alles muss eine erfolgreiche Führungskraft, gleichgültig auf welcher Ebene, sinnvoll managen. Ihre Mitarbeiter erwarten Vertrauen, Verlässlichkeit und Unterstützung. Ihr Vorgesetzter erwartet v. a. Ergebnisse und erfolgreich ausgeführte Aufträge.
Viele Beobachtungen führen zu der Erkenntnis, dass Teamleiter/Vorarbeiter häufig die größten Probleme mit ihrer Sandwichposition haben. Für diese Kollegen ist es sehr wichtig zu lernen, sich im Spannungsfeld widersprüchlicher Erwartungen zu bewegen und die richtige Balance im Führungsalltag zu finden.
Souverän in der Rolle
Zwei wichtige Aspekte betreffen primär die untere Ebene der Führungskräfte, die der Teamleiter bzw. Vorarbeiter:
- Die eigene Souveränität
Der Teamleiter oder Vorarbeiter ist Fachmann auf seinem Gebiet. m Idealfall ergibt sich daraus Selbstsicherheit und Unabhängigkeit. Selbstsichere Teamleiter oder Vorarbeiter strahlen Sicherheit und Ruhe aus. Ferner vertrauen sie dem eigenen Urteilsvermögen und führen ihr Team souverän, auch wenn mal nicht alles so klappt wie geplant.Die eigene Souveränität hilft, dass sich der Stelleninhaber professionell in den Betrieb ein- und unterordnet, ohne dabei unerfüllbaren Träumen und Wunschgedanken nachzuhängen. - Die eigene Rolle
Ein Teamleiter oder Vorarbeiter muss sich seiner Rolle im Betrieb absolut bewusst sein. Dazu gehört genau zu wissen, welche Kompetenzen mit seiner Rolle verbunden sind. Wenn dies nicht eindeutig geklärt ist, wird die Rolle als Teamleiter oder Vorarbeiter geschwächt.Manchmal entsteht der Eindruck, dass wir in einer Forderungsgesellschaft leben. Mitarbeiter fordern alles Mögliche von ihren Vorgesetzten. Dieses fordernde Verhalten hat häufig auch etwas mit mangelndem Rollenverständnis zu tun. Eine Aushilfe ist kein Vorarbeiter und ein Vorarbeiter ist kein Abteilungsleiter.
Zweites Beispiel Sandwichposition:
Norbert Vossel, Gärtnermeister und Teamleiter Osnabrück-Süd des Osnabrücker ServiceBetrieb (OSB; Niedersachsen), betrachtet seine Sandwichposition als eine der interessantesten, abwechslungsreichsten und herausforderndsten Positionen im OSB. Die „Schaltstelle“ zwischen Abteilungsleitung und Chefebene sowie Kolleginnen und Kollegen beinhaltet für ihn viel Licht, hat aber auch seine Schattenseiten.
Einen Aspekt gilt es aus seiner Sicht herauszustellen, da er möglicherweise auch für viele andere Kommunen gilt: Die Erwartungshaltung von Politik und Bürgern steigt zunehmend. Ein „Nein“ wird kaum akzeptiert, bzw. dann wird sofort die nächsthöhere Ebene kontaktiert, um die eigenen Forderungen durchzusetzen.
Die Ursache des Forderns kann auch in der Vergangenheit liegen. Früher, „damals, als alles besser war“, wurden möglicherweise Zugeständnisse gemacht oder es wurde weggeschaut. Heute stehen wir alle unter deutlich mehr Zeitdruck und Budgetzwängen. Ferner wird alles genau dokumentiert, was Überwachungsstress erzeugen kann.
Dazu greifen organisatorische und strukturelle Veränderungen in das Besitzstandsdenken ein und einige Arbeitnehmer verzichten nur ungern auf „ersessene“ Privilegien.
Jede Führungskraft, gleichgültig auf welcher Ebene, muss sich immer wieder die Fragen stellen:
- Welche Funktion (Rolle) ist mir in diesem Betrieb zugewiesen?
- Welche Kompetenzen sind mit dieser Funktion verbunden?
- Welche Weisungsbefugnisse besitze ich in meiner Position?
- Wie führe ich meine Mitarbeiter?
- Für welche innerbetrieblichen Motivationskiller bin ich (mit-) verantwortlich?
Hier lautet das Zauberwort: Selbstreflexion!
Eine einfache Übung in der Seminarreihe „Erfolgreicher werden …“ lautet: Welche Funktionen bzw. Rollen hat ein Vorarbeiter? Hier eine Auswahl von Mehrfachnennungen aus verschiedenen Seminaren für Bauhof-Vorarbeiter:
Funktionen bzw. Rollen der Vorarbeiter | |
Baustellenleiter | Organisator |
Ansprechpartner | Besteller von … |
Koordinator | Bindeglied |
Ausbilder | Kommunikator |
Streitschlichter | Vertrauensmann |
Fachmann / -frau | Vorbild |
Mit dieser Übung wird bei den Teilnehmern Bewusstsein für die Rolle als Teamleiter oder Vorarbeiter geweckt. Ferner unterstützt diese Übung die Identifikation des Einzelnen mit seiner Funktion bzw. Rolle.
Wertschätzung und Verständnis
Wohl jeder Mensch möchte respektvoll behandelt werden. Doch nicht jeder versteht es, anderen mit Respekt zu begegnen. Wenn die Belegschaft eines Baubetriebshofs trainiert, respektvoll miteinander umzugehen, wird auch das Verständnis für die anderen Sichtweisen wachsen.
Eine weitere Übung beschäftigt sich mit Empathie, der Fähigkeit, sich in eine andere Person hineinzuversetzen. Empathie ist nicht mit Sympathie zu verwechseln. Wenn sich z. B. der Vorarbeiter in die Rolle seines Einsatzleiters hineinversetzt, wird er sehr leicht erkennen, welchen Sachzwängen dieser Kollege unterworfen ist. Diese Erkenntnisse führen dann zu Wertschätzung und Verständnis für die höhere Führungsebene.
Information versus Kommunikation
Ein strategisch wichtiger Aspekt liegt in der fairen Kommunikation aller Beteiligten auf allen Ebenen. Gern wird Information mit Kommunikation gleichgesetzt.
- Eine Information ist eine Ware. Für Informationen werden Wissende nicht nur in Krimis à la James Bond gejagt. Informationen sind Kapital! Je nach Betriebsklima werden Informationen gern zurückgehalten, um entweder selbst vor dem Chef zu glänzen oder einen Kollegen ins Leere laufen zu lassen. Betriebliche Informationen dienen der Entscheidungsfindung.
- Kommunikation ist hingegen ein Prozess, das miteinander Sprechen sowie der Austausch von Informationen. Dieser Austausch von Informationen spart auch auf Baubetriebshöfen Zeit, Geld und v. a. auch Nerven.
Jour-Fixe als Allzweckwaffe
Sie müssen nicht jeden Tag mit jedem Ihrer Vorgesetzten und Mitarbeiter reden.
Zu empfehlen sind jedoch geregelte Gesprächstermine, sog. Jour-Fixe. Für diese Gesprächstermine empfehle ich auch „fixe Strukturen“, damit die knappe Zeit sinnvoll genutzt werden kann. Arbeiten Sie beispielsweise mit Checklisten oder halten Sie diese Zusammenkünfte. Eine sog. „Stehung“ spart im Gegensatz zur Sitzung viel Zeit, da kaum ein Mensch lange stehen mag
und sich deshalb auf das Wichtige beschränken wird.
Leben in der Sandwichposition
Die beiden Beispiele sind ein Beleg dafür, dass das Leben in der Sandwichposition für alle Ebenen eines Baubetriebshofs oder einer kommunalen Behörde gilt.
Die entscheidende Frage ist: Wie gehe ich als Stelleninhaber mit dieser Position um und wie kommuniziere ich mit meinen Mitarbeitern? Vorschläge dazu hat Ihnen dazu hoffentlich dieser Beitrag geliefert.